4 Dezember 2025

Warum Generika 80-85 % weniger kosten als Markenmedikamente

Warum Generika 80-85 % weniger kosten als Markenmedikamente

Wenn Sie ein Rezept für ein Medikament bekommen, steht oft die Wahl zwischen einem teuren Markenprodukt und einem günstigen Generikum. Viele Menschen fragen sich: Warum kostet das gleiche Medikament, nur mit einem anderen Namen, fast 90 % weniger? Die Antwort ist nicht kompliziert - sie liegt in den Regeln, die die Pharmaindustrie seit Jahrzehnten nutzen.

Die gleiche Wirkung, andere Kosten

Ein Generikum enthält genau dieselbe aktive Substanz wie das Originalmedikament. Wenn Sie zum Beispiel Atorvastatin nehmen - das ist das Generikum von Lipitor - dann wirkt es genauso, um den Cholesterinspiegel zu senken. Die FDA in den USA und die europäischen Arzneimittelbehörden verlangen, dass Generika dieselbe Wirkstärke, dieselbe Form (Tablette, Kapsel, Flüssigkeit) und dieselbe Wirkweise im Körper haben. Sie müssen bioäquivalent sein: Das bedeutet, dass der Körper die Wirkstoffmenge in der gleichen Menge und mit der gleichen Geschwindigkeit aufnimmt wie beim Original.

Das ist kein Zufall. Es ist Gesetz. Und trotzdem kosten Generika 80 bis 85 % weniger. Warum?

Markenmedikamente zahlen Milliarden - Generika nicht

Ein neues Medikament, das von einem großen Pharmaunternehmen entwickelt wird, kostet im Durchschnitt 2,6 Milliarden US-Dollar. Das ist kein Scherz. Diese Summe deckt alles ab: Forschung, Tierversuche, mehrere Phasen klinischer Studien an Tausenden von Menschen, Papierkram, rechtliche Absicherung und Marketing. Es dauert 8 bis 12 Jahre, bis ein neues Medikament auf dem Markt ist. Und das Unternehmen muss diese Kosten irgendwie wieder hereinholen - deshalb hat es 20 Jahre exklusiven Verkaufsrechte durch ein Patent.

Generika-Hersteller müssen das alles nicht tun. Sie dürfen nicht einfach kopieren - aber sie müssen auch nicht neu forschen. Sie nutzen die Daten, die das Originalunternehmen schon vor Jahren erstellt hat. Sie müssen nur nachweisen, dass ihr Produkt genauso gut wirkt wie das Original. Das nennt man einen Abbreviated New Drug Application (ANDA). Der Prozess dauert nur ein bis drei Jahre und kostet zwischen 1 und 5 Millionen Dollar. Das ist weniger als ein einziges Prozent der Kosten für ein neues Markenmedikament.

Die gesetzliche Grundlage: Das Hatch-Waxman-Gesetz

1984 wurde in den USA das Hatch-Waxman-Gesetz eingeführt. Es war ein Kompromiss: Pharmakonzerne bekamen länger exklusiven Schutz für ihre Innovationen - aber gleichzeitig wurde der Weg für Generika geebnet. Das Gesetz ermöglichte es, dass Generika nach Ablauf des Patents ohne neue klinische Studien zugelassen werden können, solange sie bioäquivalent sind. Die FDA prüft dann nur, ob die Wirkstoffmenge im Blut innerhalb von 80 bis 125 % des Originals liegt. Das ist ein sehr enger Bereich - es ist kein Zufall, dass es funktioniert.

Seitdem haben Generika die Medikamentenlandschaft verändert. In den USA werden heute 90,5 % aller verschriebenen Medikamente als Generika abgegeben. Aber sie machen nur 18 % der gesamten Ausgaben für Medikamente aus. Markenmedikamente - nur 9,5 % der Rezepte - verbrauchen 82 % des Geldes. Das ist kein Fehler. Das ist System.

Ein großes Markenmedikament vor Gericht, während ein kleines Generikum als Held aussagt.

Wettbewerb senkt die Preise

Sobald ein Patent abläuft, kommen oft mehrere Hersteller auf den Markt. Bei einem beliebten Medikament wie Omeprazol (Prilosec) gibt es heute mehr als 14 verschiedene Generika-Hersteller. Jeder versucht, billiger zu sein als der andere. Das treibt den Preis nach unten. Innerhalb des ersten Jahres nach Markteinführung sinken die Preise um 80 bis 90 %. Nach einigen Jahren kann ein Medikament, das früher 300 Dollar pro Monat kostete, für sechs Dollar erhältlich sein.

Ein Beispiel: Lipitor (Atorvastatin) kostete vor zehn Jahren über 500 Dollar pro Monat. Heute kostet das Generikum 4 Dollar. Das ist kein Wunder. Das ist Wettbewerb.

Qualität ist nicht anders - aber das Aussehen schon

Viele Menschen vertrauen Generika nicht, weil sie anders aussehen. Die Tablette ist rot statt blau, hat eine andere Form oder einen anderen Namen aufgedruckt. Das liegt an den Markenrechten: Ein Hersteller darf nicht dieselbe Form oder Farbe wie das Original verwenden - sonst würde er gegen das Urheberrecht verstoßen. Aber das hat nichts mit der Wirksamkeit zu tun.

Die FDA überwacht alle Hersteller gleichermaßen. Ob es sich um ein Markenmedikament aus Deutschland oder ein Generikum aus Indien handelt - beide müssen denselben Current Good Manufacturing Practices (CGMP) entsprechen. Jedes Jahr werden weltweit etwa 12.000 Produktionsstätten kontrolliert. Die Stabilität, die Haltbarkeit, die Reinheit - alles wird genau geprüft. Ein Generikum muss seine Wirkstärke über 12 bis 24 Monate hinweg halten - genau wie das Original.

Apothekenregal mit vielen bunten Generika und einer teuren Marke, Patienten mit Einsparungsschildern.

Warum vertrauen manche Menschen trotzdem nicht?

Trotz all der Beweise gibt es immer noch Vorurteile. Eine Umfrage von Tebra aus dem Jahr 2023 zeigte: 62 % der Amerikaner vertrauen Markenmedikamenten mehr - auch wenn 84 % zugeben, dass Generika genauso wirken. Warum? Weil sie denken: „Wenn es so billig ist, muss es schlechter sein.“

Diese Angst ist besonders stark bei Menschen, die Medikamente wie Warfarin (Blutverdünner) oder Levothyroxin (Schilddrüsenhormon) nehmen. Bei diesen Medikamenten ist der therapeutische Spielraum sehr eng - kleine Unterschiede können eine Wirkung haben. Deshalb ändern manche Ärzte bei diesen Medikamenten lieber nicht die Marke. Aber das ist keine Frage der Qualität - es ist eine Frage der Konsistenz. Wenn Sie einmal ein bestimmtes Generikum nehmen, sollten Sie es auch weiterhin nehmen. Wechseln Sie zwischen verschiedenen Generika, kann sich das auf die Wirkung auswirken - aber nur, weil die Füllstoffe unterschiedlich sind, nicht weil die Wirkstoffe schlechter sind.

Die FDA sagt klar: Alle zugelassenen Generika sind sicher und wirksam. Der Unterschied liegt nicht in der Wirkung - sondern in der Geschichte.

Was bedeutet das für Sie?

Wenn Sie ein Rezept bekommen, fragen Sie Ihren Apotheker: „Gibt es ein Generikum?“ In den meisten Fällen ist die Antwort ja. Und wenn Ihre Krankenkasse eine Drei-Stufen-Liste hat - dann ist das Generikum meistens in der günstigsten Stufe. Ihre Selbstbeteiligung könnte bei 0 bis 15 Dollar liegen - statt bei 25 bis 50 Dollar für das Markenprodukt.

Manche Apotheker tauschen automatisch aus - wenn Sie nicht ausdrücklich „Markenmedikament“ verlangen. Aber wenn Sie unsicher sind, sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker. Fragen Sie: „Ist das Generikum für mich sicher?“ Die Antwort wird fast immer ja sein.

Im Jahr 2022 haben Generika in den USA 293 Milliarden Dollar an Gesundheitskosten gespart. Das ist mehr als das gesamte Budget von mehreren Bundesländern. Jedes Mal, wenn Sie ein Generikum nehmen, sparen Sie Geld - und das System spart auch. Sie verlieren nichts - außer den Preisunterschied.

Was kommt als Nächstes?

In den nächsten Jahren werden noch mehr Markenmedikamente patentfrei. 150 Medikamente mit einem jährlichen Umsatz von 157 Milliarden Dollar verlieren ihren Schutz bis 2028. Das bedeutet: Noch mehr Generika. Noch niedrigere Preise. Noch mehr Einsparungen.

Die FDA arbeitet daran, die Zulassung von komplexen Generika - wie Inhalatoren oder Salben - zu beschleunigen. Das könnte weitere 50 Milliarden Dollar pro Jahr sparen. Und auch Biosimilars - die Generika für biologische Medikamente wie Krebsmittel - werden immer wichtiger. Sie werden 2028 bereits 50 Milliarden Dollar im Jahr umsetzen.

Es ist kein Geheimnis. Es ist Wirtschaft. Und es ist Medizin. Und es funktioniert.

Geschrieben von:
Sabine Grünwald
Sabine Grünwald

Kommentare (2)

  1. Asbjørn Dyrendal
    Asbjørn Dyrendal 5 Dezember 2025

    Das ist echt krass, wenn man bedenkt, wie viel Geld wir alle jährlich für Markenmedikamente ausgeben, obwohl das Gleiche für ein Zehntel verfügbar ist. Man muss sich nur trauen, danach zu fragen.

  2. Rune Forsberg Hansen
    Rune Forsberg Hansen 7 Dezember 2025

    Die wirtschaftlichen Mechanismen hinter Generika sind, meiner Ansicht nach, ein Paradebeispiel für marktwirtschaftliche Effizienz: Einmalige Investitionen in Forschung und Entwicklung werden durch das Patent-System externalisiert; die Folgekosten der Produktion werden durch Wettbewerb minimiert. Die FDA-Regulierung stellt dabei eine klare, wissenschaftlich fundierte Grundlage sicher, die Qualität und Sicherheit garantiert-nichts anderes als eine funktionierende öffentliche Infrastruktur.

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