Während der Schwangerschaft verändert sich der Körper auf vielfache Weise - auch das Immunsystem. Das macht werdende Mütter anfälliger für bestimmte Infektionen, die sonst harmlos wären. Doch es gibt eine einfache, sichere und wirksame Möglichkeit, sich und das Baby zu schützen: Impfungen. Nicht alle Impfstoffe sind in der Schwangerschaft erlaubt, aber einige sind nicht nur erlaubt, sondern dringend empfohlen. Und sie schützen nicht nur die Mutter - sie schützen auch das Neugeborene in den ersten lebenswichtigen Monaten, bevor es selbst geimpft werden kann.
Warum Impfungen in der Schwangerschaft wichtig sind
Ein Kind kommt mit einem noch unreifen Immunsystem zur Welt. Es kann erst ab dem zweiten Lebensmonat mit der Grundimmunisierung beginnen. Bis dahin ist es besonders anfällig für schwere Verläufe von Krankheiten wie Keuchhusten, Grippe oder RSV. Hier kommt die Mutter ins Spiel: Durch Impfungen während der Schwangerschaft bildet ihr Körper Antikörper, die über die Nabelschnur direkt zum Baby gelangen. Diese sogenannten passiven Antikörper schützen das Neugeborene in den ersten Wochen und Monaten - eine Art natürlicher Schutzschild.
Studien zeigen: Bei der Tdap-Impfung (gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten) erreichen die Antikörper im Nabelschnurblut sogar höhere Konzentrationen als in der Mutter - bis zu 1,4-fach. Bei der Grippeimpfung sinkt das Risiko, dass das Baby an einer bestätigten Grippe erkrankt, um bis zu 63 %. Und bei RSV, einem Virus, das viele Säuglinge mit schwerer Atemnot ins Krankenhaus bringt, reduziert die Impfung der Mutter das Risiko einer medizinisch behandelten Lungenentzündung im ersten Lebensmonat um fast 82 %.
Welche Impfungen sind während der Schwangerschaft sicher?
Es gibt klare Empfehlungen von Gesundheitsbehörden wie der CDC, der WHO und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: Nur inaktivierte oder mRNA-Impfstoffe sind in der Schwangerschaft empfohlen. Lebendimpfstoffe - wie die Nasenspray-Grippeimpfung, Masern-Mumps-Röteln (MMR) oder Windpocken - sind strikt verboten, da sie theoretisch das ungeborene Kind gefährden könnten.
- Influenza-Impfstoff (Grippe): Wird als Injektion (nicht Nasenspray) empfohlen - und zwar in jedem Trimester, idealerweise zwischen September und Oktober. Die Impfung schützt die Mutter vor schweren Verläufen und das Baby vor Grippe bis zu drei Monaten nach der Geburt.
- Tdap-Impfstoff (Keuchhusten, Tetanus, Diphtherie): Wird zwischen der 27. und 36. Schwangerschaftswoche empfohlen, am besten zwischen der 27. und 30. Woche. So wird die höchste Menge an Antikörpern an das Baby weitergegeben. Wichtig: Jede Schwangerschaft braucht eine eigene Tdap-Impfung, egal, wann die letzte war.
- COVID-19-Impfstoff (mRNA): Die Impfstoffe von Pfizer-BioNTech und Moderna sind sicher und empfohlen. Daten zeigen: 96 % der schwangeren Frauen, die mit schwerem COVID-19 ins Krankenhaus kamen, waren ungeimpft. Die Impfung senkt das Risiko einer schweren Erkrankung um 96 %.
- RSV-Impfstoff (Abrysvo): Seit 2023 empfohlen zwischen der 32. und 36. Schwangerschaftswoche, besonders in den Monaten September bis Januar. Die Impfung schützt das Baby vor schweren Atemwegsinfektionen durch RSV - eine der häufigsten Ursachen für Krankenhausaufenthalte bei Säuglingen.
Was ist mit Impfungen nach der Geburt?
Nach der Geburt kann man zwar auch impfen - aber das schützt nur die Mutter. Das Baby bleibt in den ersten Wochen ungeschützt. Deshalb ist die Impfung während der Schwangerschaft so viel effektiver. Wer etwa die Tdap-Impfung erst nach der Geburt erhält, kann nicht verhindern, dass das Baby von einer infizierten Mutter oder anderen Personen angesteckt wird - und Keuchhusten kann bei Säuglingen tödlich sein.
Impfungen nach der Geburt sind trotzdem wichtig - vor allem für Menschen, die enge Kontakte zum Baby haben. Der Impfschutz der Mutter ist der beste Schutz - aber auch Vater, Großeltern und Pflegepersonen sollten ihre Impfungen auf dem neuesten Stand halten, um das Baby zu schützen.
Wie sicher sind diese Impfungen wirklich?
Die Angst vor Nebenwirkungen ist verständlich - aber die Daten sprechen eine klare Sprache. Über 1,5 Millionen schwangere Frauen in den USA wurden gegen Grippe geimpft, mehr als 1,2 Millionen gegen Keuchhusten - ohne dass ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten, Frühgeburten oder Geburtsfehler nachgewiesen wurde. Die CDC hat Daten von mehr als 139.000 schwangeren Frauen, die COVID-19-Impfstoffe erhielten, ausgewertet: 84,6 % hatten keine Komplikationen. Die häufigste Nebenwirkung? Ein leichter Schmerz an der Einstichstelle - ähnlich wie bei jeder anderen Impfung.
Einige Frauen berichten von Müdigkeit oder leichtem Kopfschmerz - das ist normal und vergeht meist innerhalb von 1-2 Tagen. Die RSV-Impfung wurde von 92 % der Frauen, die sie bekamen, als gut verträglich beschrieben. Nur 8,7 % meldeten leichte Müdigkeit oder Kopfschmerzen. Keine einzige Studie hat einen Zusammenhang zwischen diesen Impfungen und Fehlbildungen, Fehlgeburten oder Langzeitschäden beim Kind gefunden.
Wann genau impfen - der richtige Zeitpunkt zählt
Die Wirkung hängt stark vom Zeitpunkt ab. Ein zu früher oder zu später Termin kann den Schutz für das Baby schwächen.
- Grippe: So bald wie möglich nach Verfügbarkeit - meist ab Juli/August. Ideal: September bis Oktober. So ist der Schutz bis in den Februar hinein gewährleistet, wenn die Grippewelle ihren Höhepunkt erreicht.
- Tdap: Zwischen 27. und 36. Woche - am besten 27. bis 30. Woche. Wer die Impfung vor der 20. Woche macht, erhält nur 37 % der optimalen Antikörpermenge im Nabelschnurblut.
- RSV: Zwischen 32. und 36. Woche, idealerweise zwischen September und Januar. Die Impfung muss innerhalb dieses Zeitfensters erfolgen, sonst ist der Schutz für das Baby nicht optimal.
- COVID-19: Jederzeit möglich - aber besonders wichtig, wenn die Inzidenz hoch ist oder man Risikofaktoren hat. Aktuelle Impfstoffe (monovalent) werden immer aktualisiert, um den aktuellen Virusvarianten zu entsprechen.
Die Impfung sollte immer im Rahmen einer ärztlichen Beratung erfolgen. Die Angaben zur Schwangerschaftswoche und zum Impfstofftyp (Hersteller, Chargennummer) müssen genau dokumentiert werden - in den Mutterpass und in die Dokumentation der Geburtsklinik.
Was ist mit Stillzeit?
Alle empfohlenen Impfungen während der Schwangerschaft sind auch während der Stillzeit sicher - und sogar empfehlenswert. Besonders die Grippe- und Tdap-Impfung können über die Muttermilch Antikörper weitergeben, was den Schutz des Babys ergänzt. Lebendimpfstoffe wie MMR oder Windpocken sind auch während der Stillzeit erlaubt, da sie nicht über die Milch übertragen werden.
Wer während der Schwangerschaft eine Impfung verpasst hat, sollte sie unbedingt nach der Geburt nachholen - besonders Tdap und Grippe. Aber: Der Schutz für das Baby ist dann nicht mehr so stark wie bei einer Impfung während der Schwangerschaft.
Was ist mit neuen Impfstoffen?
Die Forschung schreitet voran. Ein Impfstoff gegen Gruppe-B-Streptokokken (GBS) - eine häufige Ursache für schwere Infektionen bei Neugeborenen - befindet sich in Phase-III-Studien. Er könnte in den nächsten Jahren verfügbar werden. Auch ein universeller Grippeimpfstoff, der nicht jedes Jahr angepasst werden muss, ist in Entwicklung. Diese Fortschritte zeigen: Schwangerschaftsimpfungen sind kein statischer Bereich - sie entwickeln sich weiter, um noch besser zu schützen.
Warum zögern manche Frauen?
Die häufigste Begründung für Impfzurückhaltung: Angst vor Schäden am Baby. Doch Studien zeigen: Diese Angst ist nicht auf Daten, sondern auf Fehlinformationen gegründet. Eine Umfrage der March of Dimes ergab, dass 41 % der zögerlichen Frauen genau das als Hauptgrund nannten - obwohl die wissenschaftliche Evidenz überwältigend ist.
Ein Gespräch mit der Gebärärztin oder Hebamme kann diese Ängste zerstreuen. Viele Frauen berichten danach, dass sie sich entschieden haben, sich impfen zu lassen - einfach weil sie endlich die Fakten kannten. Die Empfehlung der Ärztin ist der stärkste Faktor: Seit 2023 müssen Ärzte in den USA die Impfberatung dokumentieren - und seitdem haben 94 % der Frauen die empfohlenen Impfungen erhalten.
Was passiert, wenn man nicht impft?
Keuchhusten ist bei Säuglingen unter drei Monaten oft tödlich. Die meisten Todesfälle passieren, weil die Mutter nicht geimpft war. Die Grippe bringt jedes Jahr Hunderte schwangere Frauen ins Krankenhaus - und viele Neugeborene werden mit schwerer Lungenentzündung geboren. RSV führt jedes Jahr in den USA zu über 58.000 Krankenhausaufenthalten bei Kindern unter einem Jahr. Diese Krankheiten sind vermeidbar. Impfungen in der Schwangerschaft sind eine der wirksamsten und sichersten Maßnahmen, um das Leben eines Neugeborenen zu retten.
Kann ich während der Schwangerschaft die Grippeimpfung bekommen, wenn ich allergisch auf Eier bin?
Ja. Die heutigen Grippeimpfstoffe enthalten nur noch winzige Spuren von Eiweiß - so wenig, dass selbst Menschen mit schweren Ei-Allergien sie sicher vertragen. Die CDC und die WHO empfehlen die Impfung ohne Voruntersuchung. Falls du extreme Angst hast, kannst du dich in einer Klinik impfen lassen, wo bei Bedarf sofort Hilfe bereitsteht - aber ein allergischer Schock ist extrem selten.
Ich habe Tdap schon vor der Schwangerschaft bekommen - warum nochmal?
Die Antikörper gegen Keuchhusten sinken mit der Zeit. Jede Schwangerschaft ist ein neues Baby - und jeder braucht einen frischen Schutz. Die Impfung in der Schwangerschaft sorgt dafür, dass die höchste Menge an Antikörpern direkt zum Baby gelangt. Wer sie nur einmal vor der Schwangerschaft hatte, schützt das Kind nicht ausreichend.
Kann ich mich impfen lassen, wenn ich Zwillinge erwarte?
Ja. Mehrfachschwangerschaften sind kein Grund, Impfungen zu vermeiden - im Gegenteil. Zwillinge sind oft früher geboren und damit noch anfälliger. Die Impfdosis bleibt die gleiche wie bei einer Einzelschwangerschaft. Die Antikörper werden an beide Babys weitergegeben.
Was ist mit der Impfung gegen COVID-19, wenn ich bereits eine Infektion hatte?
Eine vorherige Infektion schützt nicht lange - und nicht zuverlässig gegen neue Varianten. Die Impfung verstärkt den Schutz deutlich. Selbst wenn du bereits COVID-19 hattest, solltest du dich impfen lassen - besonders in der Schwangerschaft. Die Daten zeigen: Geimpfte Frauen mit vorheriger Infektion haben den stärksten Schutz.
Ist die RSV-Impfung auch für Frauen über 36 Wochen Schwangerschaft sinnvoll?
Die empfohlene Zeit ist 32-36 Wochen, weil dann die Antikörper optimal übertragen werden. Ab der 36. Woche sinkt die Übertragungsrate. Wenn du die Impfung erst nach der 36. Woche bekommst, ist sie nicht mehr so wirksam. Aber: Falls du in der 37. Woche bist und noch nicht geimpft wurdest, sprich mit deiner Ärztin - manchmal wird sie trotzdem empfohlen, besonders wenn du Risikofaktoren hast oder dein Baby früh geboren werden könnte.