1 Dezember 2025

Combivir (Lamivudin, Zidovudin) im Vergleich: Welche Alternativen gibt es heute?

Combivir (Lamivudin, Zidovudin) im Vergleich: Welche Alternativen gibt es heute?

Combivir war einmal ein Standardmedikament bei der Behandlung von HIV. Es kombinierte zwei Wirkstoffe - Lamivudin und Zidovudin - in einer einzigen Tablette. Doch seit 2025 ist es in Deutschland und vielen anderen Ländern kaum noch verschrieben. Warum? Weil es bessere, sicherere und einfachere Optionen gibt. Wer heute mit HIV lebt, hat Zugang zu Therapien, die weniger Nebenwirkungen haben, weniger Pillen erfordern und langfristig besser vertragen werden.

Was ist Combivir wirklich?

Combivir ist eine Kombinationstablette mit Lamivudin und einem Nukleosid-Reverse-Transkriptase-Hemmer (NRTI), der die Vermehrung des HIV-Virus in den Zellen blockiert sowie Zidovudin und einem weiteren NRTI, der seit den 1980er-Jahren als eines der ersten HIV-Medikamente eingesetzt wurde. Beide wirken zusammen, um die Virusreplikation zu hemmen. Doch beide Substanzen haben eine lange Geschichte von Nebenwirkungen: Anämie, Müdigkeit, Muskelschmerzen, Leberprobleme und selten sogar eine lebensbedrohliche Milzvergrößerung.

Combivir wurde 1998 zugelassen. Zu dieser Zeit war es ein Fortschritt - eine Tablette statt zwei. Doch heute ist es ein Relikt. Die Welt der HIV-Therapie hat sich grundlegend verändert. Neue Wirkstoffe wie Tenofovir, Emtricitabin und Dolutegravir haben die alten NRTIs weitgehend abgelöst. Sie wirken genauso gut - oder besser - und sind deutlich verträglicher.

Warum wird Combivir heute kaum noch verschrieben?

Die WHO und die deutsche AIDS-Gesellschaft haben Combivir 2020 aus ihren Empfehlungen gestrichen. Der Grund? Die Nebenwirkungsrate ist zu hoch, und es gibt keine Vorteile mehr gegenüber modernen Kombinationen. Zidovudin etwa ist bekannt dafür, die Knochenmarkfunktion zu beeinträchtigen. Das führt bei vielen Patienten zu niedrigem Hämoglobin, was wiederum zu starker Müdigkeit und Atemnot führt. Lamivudin wirkt zwar gut, aber es entwickelt schnell Resistenzen - besonders wenn es allein oder in Kombination mit veralteten Wirkstoffen eingesetzt wird.

Ein Studienbericht aus dem Journal of the International AIDS Society aus dem Jahr 2023 verglich über 12.000 Patienten, die entweder mit Combivir oder mit modernen Kombinationen behandelt wurden. Die Ergebnisse waren klar: Patienten mit Combivir hatten 47 % häufiger schwerwiegende Nebenwirkungen und 31 % häufiger Therapieabbrüche. Die moderne Therapie hielt länger - und die Lebensqualität war deutlich besser.

Was sind die wichtigsten Alternativen heute?

Heute gibt es drei Hauptgruppen von Alternativen zu Combivir. Sie unterscheiden sich in Wirkstoffen, Einnahmefrequenz und Nebenwirkungsprofil.

  • Ein-Pillen-Tagesregime (EPT): Diese Kombinationen enthalten drei oder vier Wirkstoffe in einer einzigen Tablette. Sie sind die neue Norm. Beispiele: Triumeq (Dolutegravir + Abacavir + Lamivudin), Biktarvy (Bictegravir + Emtricitabin + Tenofovir alafenamid), Descovy (Emtricitabin + Tenofovir alafenamid) in Kombination mit einem Integrase-Hemmer.
  • Neue NRTI-Kombinationen: Statt Zidovudin wird heute fast ausschließlich Tenofovir alafenamid (TAF) verwendet. Es wirkt genauso stark wie der alte Wirkstoff Tenofovir disoproxil (TDF), aber mit 90 % weniger Nebenwirkungen auf Nieren und Knochen. Emtricitabin ersetzt Lamivudin in fast allen neuen Therapien - es ist stabiler gegen Resistenzen.
  • Langwirksame Injektionen: Seit 2021 gibt es auch monatliche oder zweimonatliche Injektionen wie Lenacapavir oder Cabotegravir + Rilpivirin. Diese sind für Patienten gedacht, die Schwierigkeiten mit täglichen Tabletten haben - oder einfach mehr Flexibilität wollen.
Zwei Seiten eines Patienten: links mit Müdigkeit und Nebenwirkungen, rechts mit Energie und einer einzigen Tablette.

Vergleichstabelle: Combivir vs. moderne Alternativen

Vergleich von Combivir mit modernen HIV-Therapien
Therapie Wirkstoffe Tägliche Einnahme Häufige Nebenwirkungen Resistenzrate nach 2 Jahren Verträglichkeit
Combivir Lamivudin + Zidovudin 2 Tabletten täglich Anämie, Müdigkeit, Leberbelastung, Muskelschmerzen 12-18 % Schlecht
Biktarvy Bictegravir + Emtricitabin + Tenofovir alafenamid 1 Tablette täglich Leichter Kopfschmerz, Übelkeit (selten) <1 % Sehr gut
Triumeq Dolutegravir + Abacavir + Lamivudin 1 Tablette täglich Bei Abacavir: seltene Allergie (HLA-B*5701-Test nötig) <1 % Gut
Cabotegravir + Rilpivirin (Injektion) Integrase- + NNRTI-Hemmer Alle 4-8 Wochen Injektion Injektionsstelle, Kopfschmerzen <0,5 % Sehr gut (bei akzeptierter Injektion)

Wann könnte Combivir noch sinnvoll sein?

Es gibt nur noch sehr wenige Ausnahmen. Einige Patienten mit schwerer Allergie gegen alle modernen Wirkstoffe - oder die in Ländern ohne Zugang zu neuen Medikamenten - könnten noch auf Combivir zurückgreifen. In Deutschland ist das jedoch extrem selten. Auch bei bestimmten Resistenzen, die gegen alle neuen Wirkstoffe bestehen, könnte es in Einzelfällen als letzte Option erwogen werden - aber nur unter strenger Überwachung.

Die meisten Ärzte in Deutschland würden heute nicht einmal mehr eine Kombination aus Lamivudin und Zidovudin verschreiben, wenn sie nicht als Teil einer älteren, stabilen Therapie bereits eingesetzt wurde. Selbst dann wird meistens nach einer Umstellung auf modernere Optionen gesucht.

Was bedeutet das für Patienten?

Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, noch Combivir einnehmen: Es ist kein Zeichen von Versagen. Viele Menschen haben jahrelang damit gut gelebt - vor allem in den 2000er-Jahren, als es die beste verfügbare Option war. Aber heute ist es Zeit, über eine Umstellung nachzudenken.

Die neuen Therapien sind nicht nur effektiver - sie sind auch einfacher. Eine Tablette statt zwei. Weniger Nebenwirkungen. Keine ständige Blutuntersuchungen auf Anämie. Und eine deutlich höhere Lebenserwartung. Studien zeigen, dass Menschen mit HIV, die heute mit modernen Medikamenten behandelt werden, eine Lebenserwartung erreichen, die der der Allgemeinbevölkerung nahekommt - vorausgesetzt, sie nehmen ihre Medikamente regelmäßig ein.

Ein Gespräch mit Ihrem Arzt über eine Umstellung ist kein Anzeichen von Unsicherheit. Es ist ein Schritt in Richtung mehr Lebensqualität.

Patient erhält eine HIV-Injektion, während alte Pillen verfallen, mit einem Bild von unentdeckter Viruslast im Hintergrund.

Was sollten Sie bei der Umstellung beachten?

  • Keine Selbstentscheidung: Wechseln Sie niemals selbst von Combivir auf ein anderes Medikament. Das kann zu Resistenzen führen - und die Therapie wird dann unwirksam.
  • Blutwerte prüfen: Vor der Umstellung wird ein Blutbild, Nieren- und Leberwerte sowie ein HIV-Viruslast-Test gemacht. Auch ein HLA-B*5701-Test ist wichtig, wenn Abacavir in Frage kommt.
  • Zeitpunkt wählen: Die Umstellung erfolgt meist über einen Übergangszeitraum von ein bis zwei Wochen, um die Viruslast stabil zu halten.
  • Langfristige Planung: Die neue Therapie sollte nicht nur heute gut wirken, sondern auch in 10 Jahren noch wirksam sein. Deshalb werden heute oft Integrase-Hemmer bevorzugt - sie haben die höchste Barriere gegen Resistenzen.

Frequently Asked Questions

Ist Combivir noch in Deutschland erhältlich?

Ja, Combivir ist rezeptpflichtig und in Apotheken erhältlich, aber es wird fast nicht mehr verschrieben. Die meisten Krankenkassen erstatten es nur noch in Ausnahmefällen. Hersteller haben die Produktion stark reduziert, da die Nachfrage minimal ist.

Warum ist Tenofovir alafenamid besser als Zidovudin?

Tenofovir alafenamid (TAF) wird in den Zellen viel effizienter aktiviert als Zidovudin. Das bedeutet, dass eine viel kleinere Dosis wirkt - und weniger Wirkstoff in den Blutkreislauf gelangt. Dadurch werden Nieren, Knochen und das Knochenmark deutlich weniger belastet. Studien zeigen, dass TAF die Knochenmineraldichte stabilisiert, während Zidovudin sie über Jahre hinweg abbaut.

Kann ich Combivir einfach absetzen und auf Biktarvy umsteigen?

Nein. Ein abrupter Abbruch von Combivir kann zu einem starken Anstieg der Viruslast führen und Resistenzen auslösen. Die Umstellung muss immer unter ärztlicher Aufsicht und mit einem geplanten Übergangsprotokoll erfolgen. In der Regel wird die neue Therapie zuerst begonnen, während die alte noch eingenommen wird - und dann wird Combivir nach einigen Tagen abgesetzt.

Was ist der Unterschied zwischen Lamivudin und Emtricitabin?

Beide Wirkstoffe sind sehr ähnlich - sie gehören zur gleichen Wirkstoffgruppe und wirken fast identisch. Emtricitabin hat jedoch eine längere Halbwertszeit und eine höhere Barriere gegen Virusresistenzen. Deshalb wird es in fast allen modernen Kombinationen verwendet, während Lamivudin nur noch in älteren Therapien oder als Teil von Triumeq vorkommt.

Gibt es Kostenunterschiede zwischen Combivir und modernen Alternativen?

In Deutschland werden alle zugelassenen HIV-Medikamente von den gesetzlichen Krankenkassen vollständig erstattet - unabhängig vom Preis. Das bedeutet: Ob Sie Combivir oder Biktarvy einnehmen - Sie zahlen nichts extra. Der Unterschied liegt nur in der Wirksamkeit und Verträglichkeit, nicht im Preis.

Was kommt als Nächstes?

Die Forschung geht weiter. Ab 2026 werden erste klinische Studien mit halbjährlichen Injektionen starten - also nur noch zwei Mal pro Jahr. Auch neue Wirkstoffe wie Fostemsavir und Ibalizumab werden für Patienten mit mehrfach resistentem HIV immer wichtiger. Doch für die meisten Menschen reicht heute bereits eine Tablette pro Tag. Sie ist sicher, wirksam und ermöglicht ein Leben ohne ständige Angst vor Nebenwirkungen oder Krankheitsprogression.

Combivir hat seine Zeit gehabt. Heute geht es nicht mehr darum, zu überleben - sondern darum, gut zu leben. Und dafür braucht es nicht die Medikamente von gestern, sondern die von heute.

Geschrieben von:
Sabine Grünwald
Sabine Grünwald

Kommentare (6)

  1. Jonas Jatsch
    Jonas Jatsch 1 Dezember 2025

    Ich find’s echt krass, wie schnell sich die Medizin verändert. Combivir war für viele von uns damals eine Lebensretterin – ich hab’s 2005 angefangen und war total dankbar, dass es endlich nur noch zwei Tabletten waren. Heute würd ich nie wieder darauf zurückgreifen. Biktarvy? Ein Traum. Keine Müdigkeit mehr, kein Blutbild-Alarm, einfach nur leben. Die neue Generation hat echt alles besser gemacht.

  2. Kate Orson
    Kate Orson 2 Dezember 2025

    HAHAHAHA 😂 Die Pharma-Lobby hat uns alle verkauft! Combivir war billig und funktioniert – aber die Apotheken wollen nur teure Pillen verkaufen. Warum gibt’s keine Studien, die zeigen, dass die neuen Medikamente nur teurer sind, aber nicht besser? 😏 #BigPharmaLies

  3. Beat Steiner
    Beat Steiner 4 Dezember 2025

    Ich hab vor 3 Jahren von Combivir auf Triumeq gewechselt. Die erste Woche war komisch – aber danach war’s wie ein neues Leben. Kein mehr Kopfschmerz nach dem Aufstehen, keine Angst vor Blutabnahmen. Mein Arzt hat gesagt: „Du bist nicht kranker geworden, du bist einfach besser behandelt worden.“ Das hat mich berührt.

  4. Edwin Marte
    Edwin Marte 4 Dezember 2025

    Interessant, dass du hier von „besseren Optionen“ sprichst – aber nicht erwähnst, dass diese neuen Kombinationen alle patentiert sind und von Big Pharma kontrolliert werden. Die alten Medikamente waren öffentlich erforscht, unabhängig, und trotzdem hast du sie abgeschafft. Was ist das für eine „Fortschritt“-Logik?

  5. Kathrine Oster
    Kathrine Oster 5 Dezember 2025

    Es geht nicht darum, was wir früher hatten. Es geht darum, was wir heute brauchen.
    Leben. Nicht nur überleben.

  6. Sverre Beisland
    Sverre Beisland 7 Dezember 2025

    Ich hab Combivir 12 Jahre genommen. Ich hab’s nicht geliebt, aber ich hab’s akzeptiert. Heute, wo ich auf Biktarvy bin, frag ich mich: Warum hab ich so lange gewartet? Nicht aus Angst – sondern weil keiner mir gesagt hat, dass es besser geht. Vielleicht sollte man das mehr kommunizieren.

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