25 September 2025

Wie Hormone Haarausfall auslösen - Ursachen und Behandlung von Alopezie

Wie Hormone Haarausfall auslösen - Ursachen und Behandlung von Alopezie

Hormone sind biochemische Botenstoffe, die im Körper zahlreiche Prozesse steuern, darunter das Wachstum und den Zyklus der Haarfollikel. Ein Ungleichgewicht kann den Haarverlust auslösen, weil Hormone direkt auf die Haarwurzel wirken oder über Entzündungsprozesse indirekt Veränderungen bewirken.

Grundlagen: Haarfollikel und hormonelle Steuerung

Der Haarfollikel ist ein mini‑Organ, das in drei Phasen wechselt: Anagen (Wachstumsphase), Katagen (Übergangsphase) und Telogen (Ruhephase). Haarfollikel besitzen Rezeptoren für zahlreiche Hormone, darunter Androgene, Östrogene, Schilddrüsenhormone und Stresshormone. Diese Rezeptoren regulieren, wie lange die Anagen‑Phase dauert und wie stark neue Haare gebildet werden. Jeder hormonelle Impuls kann also das Gleichgewicht zwischen Wachstum und Ausfall verschieben.

Androgene und Dihydrotestosteron (DHT)

Androgene sind männliche Sexualhormone, zu denen Testosteron und sein stärkeres Derivat Dihydrotestosteron (DHT) gehören. DHT bindet an Androgenrezeptoren in Haarfollikeln, verkürzt die Anagen‑Phase und verkleinert die Follikelgröße. Dieser Prozess ist die Hauptursache für die androgenetische Alopezie, die sowohl Männer als auch Frauen betrifft.

Studien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) zeigen, dass bei 80% der männlichen Glatzenbildung DHT‑vermittelte Miniaturisierung der Follikel vorliegt. Frauen mit androgenetischer Alopezie zeigen meist ein diffuseres Muster, weil Östrogen das DHT‑Signal teilweise abschwächt.

Östrogene und weibliche Hormonbalance

Östrogene wirken dem DHT‑Effekt entgegen. Während der Schwangerschaft, wenn Östrogenspiegel hoch sind, verlangsamt sich der Haarausfall häufig. Nach der Geburt sinken die Östrogene abrupt und viele Frauen erleben das sogenannte postpartale Telogen‑Effluvium, bei dem bis zu 30% der Haare gleichzeitig in die Telogen‑Phase übergehen.

Ein weiteres Beispiel: Die Einnahme von oralen Kontrazeptiva, die Östrogen‑Progestin‑Kombinationen enthalten, kann bei manchen Frauen Alopezie auslösen, weil das Verhältnis von Östrogen zu Androgen gestört wird.

Schilddrüsenhormone und Stresshormone

Sowohl eine Überfunktion (Hyperthyreose) als auch eine Unterfunktion (Hypothyreose) der Schilddrüse kann Haarausfall verursachen. Schilddrüsenhormone regulieren den Stoffwechsel aller Zellen, einschließlich der Haarfollikel. Bei einer Unterfunktion verlängert sich die Telogen‑Phase, was zu diffusem Haarausfall führt. Bei einer Überfunktion kann die Anagen‑Phase verkürzt werden, sodass die Haare schneller ausfallen.

Stresshormone wie Cortisol erhöhen die Entzündungsbereitschaft des Körpers und senken die Produktion von IGF‑1 (Insulin‑like Growth Factor‑1), ein wichtiger Wachstumsfaktor für Haare. Chronischer Stress führt häufig zu Telogenes Effluvium, bei dem plötzlich viele Haare in die Ausfallphase übergehen.

Insulin, Prolaktin und weitere hormonelle Einflussgrößen

Insulinresistenz, häufig bei Typ‑2‑Diabetes oder polyzystischem Ovarialsyndrom (PCOS), erhöht die Androgenproduktion und damit das Risiko für androgenetische Alopezie. Insulin wirkt über das IGF‑1‑System auf die Haarfollikel, sodass ein hoher Insulinspiegel das Haarwachstum destabilisieren kann.

Prolaktin, ein Hormon, das die Milchproduktion reguliert, kann bei Hyperprolaktinämie (zu viel Prolaktin) ebenfalls Haarausfall bewirken, weil es die Östrogenproduktion behindert und das hormonelle Gleichgewicht stört.

Wie Hormone verschiedene Alopezie‑Typen treiben - ein Überblick

Wie Hormone verschiedene Alopezie‑Typen treiben - ein Überblick

Vergleich hormonell getriebener Alopezie‑Formen
FormHauptursacheTypische HormoneHaarausfall‑MusterTherapieansatz
Androgenetische Alopezie Miniaturisierung durch DHT DHT, Testosteron Vorderer Scheitel, Hinterkopf 5‑α‑Reduktase‑Hemmer, Minoxidil
Alopecia Areata Autoimmunreaktion Proinflammatorische Zytokine, gelegentlich ↑Cortisol Runde kahle Stellen Kortikosteroide, JAK‑Inhibitoren
Telogenes Effluvium Störung des Haarzyklus Cortisol, Schilddrüsenhormone Diffuser Haarausfall Ursache behandeln, Stressreduktion

Die Tabelle verdeutlicht, dass nicht jeder Haarausfall durch DHT entsteht. Autoimmun‑ und Stress‑Mechanismen spielen ebenfalls große Rollen.

Diagnose: Welche Tests geben Aufschluss über das hormonelle Milieu?

Ein sorgfältiges Blutprofil ist das Kernstück: TSH, freies T4, freies T3 für die Schilddrüse; Gesamttestosteron, freies Testosteron und DHT für Androgene; Östradiol und Progesteron bei Frauen; Cortisol‑Spiegel (Morgens und nach Stress); Insulin‑ und Glukosewerte; Prolaktin. Zusätzlich kann ein Trichogramm (Haaranalyse) den aktuellen Haarzyklus bestimmen.

Erfahrungsberichte von Dermatologen zeigen, dass die Kombination aus klinischer Untersuchung und hormonellem Screening die Erfolgsquote von zielgerichteten Therapien um bis zu 35% erhöht.

Therapeutische Optionen - von medikamentös bis lifestyle

5‑α‑Reduktase‑Hemmer (z.B. Finasterid) blockieren die Umwandlung von Testosteron zu DHT, wodurch die Miniaturisierung gestoppt wird. Die Therapie ist besonders wirksam bei androgenetischer Alopezie, sollte aber bei Frauen mit Schwangerschaftsplanung vermieden werden.

Minoxidil, ein topisches Vasodilatator, fördert die Durchblutung des Follikels und verlängert die Anagen‑Phase - unabhängig vom Hormonstatus.

Bei hormonell bedingtem Telogenes Effluvium empfiehlt sich Stressmanagement, ausreichend Schlaf und ggf. Schilddrüsen‑Substitution. Für PCOS‑Patientinnen kann eine Insulin‑Sensibilisierung (Metformin) den Androgenüberschuss senken.

Ein ganzheitlicher Ansatz kombiniert medikamentöse Therapie mit Ernährungsumstellung (z.B. Jod‑reiche Lebensmittel für die Schilddrüse), regelmäßiger Bewegung und gegebenenfalls Psychotherapie, um den Cortisolspiegel zu dämpfen.

Praktische Tipps für den Alltag

  • Vermeiden Sie enge Kopfbedeckungen, die die Kopfhaut reizen.
  • Setzen Sie auf milde, sulfatfreie Shampoos, um die Follikel nicht zu belasten.
  • Ergänzen Sie Ihre Ernährung mit Zink, Biotin und Omega‑3‑Fettsäuren - sie unterstützen die Haargrowth.
  • Regelmäßige Check‑Ups beim Endokrinologen helfen, hormonelle Schwankungen früh zu erkennen.
  • Entwickeln Sie eine Stress‑Routine: Yoga, Meditation oder kurze Spaziergänge senken das Cortisol nachhaltig.

Weiterführende Themen - wo geht’s als Nächstes hin?

Dieser Artikel ist Teil des größeren Themenclusters „Haargesundheit & endokrinologische Einflüsse“. Weitere Artikel im Cluster behandeln:

  • „Mikronährstoffe und ihr Einfluss auf das Haarwachstum“
  • „Autoimmuner Alopezie: Diagnose und neue Therapieoptionen“
  • „Der Einfluss von Ernährung auf die Schilddrüsenfunktion“

Lesen Sie diese Beiträge, um ein umfassendes Bild zu erhalten und Ihre individuelle Behandlungsstrategie zu verfeinern.

Häufige Fragen

Häufige Fragen

Welche Hormone sind am häufigsten für Haarausfall verantwortlich?

DHT (ein Androgen), Schilddrüsenhormone (TSH, T3/T4) und Cortisol gehören zu den häufigsten Auslösern. Androgene wirken direkt auf den Haarfollikel, Schilddrüsenstörungen verändern den gesamten Stoffwechsel und Cortisol erhöht den Stress‑induzierte Haarausfall.

Kann eine Hormontherapie meinen Haarausfall dauerhaft stoppen?

Eine gezielte Hormontherapie kann den Haarverlust signifikant reduzieren, aber nicht immer vollständig stoppen. Der Erfolg hängt von der Ursache ab - z.B. wirkt ein 5‑α‑Reduktase‑Hemmer gut bei androgenetischer Alopezie, während bei Schilddrüsenunterfunktion die Substitution erforderlich ist.

Wie schnell sehe ich nach Beginn einer Behandlung Verbesserungen?

Bei medikamentöser Therapie wie Minoxidil oder Finasterid zeigen sich meist nach 3‑6Monaten erste Anzeichen von neuem Haarwachstum. Bei hormonellen Ursachen, die durch Blutwerte korrigiert werden, kann es 2‑4Monate dauern, bis die Follikel wieder in die Anagen‑Phase übergehen.

Ist Haarausfall nach der Schwangerschaft normal?

Ja. Der postpartale Haarausfall, ein Telogenes Effluvium, entsteht, weil der Östrogen‑Spiegel nach der Geburt stark sinkt. In der Regel normalisiert sich das Haarwachstum innerhalb von 6‑12Monaten ohne spezifische Behandlung.

Wie kann ich meine Hormonbalance selbst unterstützen?

Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Jod, Zink und gesunden Fetten, regelmäßige Bewegung, Stressmanagement (z.B. Meditation) und ausreichend Schlaf helfen, die Hormonproduktion stabil zu halten. Bei bekannten Störungen (z.B. PCOS) sollte ein Arzt wegen möglicher medikamentöser Unterstützung konsultiert werden.

Geschrieben von:
Sabine Grünwald
Sabine Grünwald

Kommentare (1)

  1. christian thiele
    christian thiele 25 September 2025

    Du hast ne Menge Infos zusammengetragen das ist super Wichtig zu wissen dass Hormone echt Einfluss haben also check deine Werte und sprich mit nem Doktor um gezielt was zu tun

Schreibe einen Kommentar

Bitte überprüfen Sie Ihre E-Mail
Bitte überprüfen Sie Ihre Nachricht
Danke schön. Ihre Nachricht wurde gesendet.
Fehler, E-Mail nicht gesendet